18.06.2020 – 12:03 von Magdalena Kloibhofer an die Mainpost
Guten Tag,
anbei meine Perspektive auf Go&Change als ehemalige Bewohnerin und weiterhin häufiger Gast, wie in meinem unveröffentlichten Leserbrief vom 26.05. angekündigt. Dass Sie in Ihrer fortgesetzten Artikelreihe leider keinerlei Kurskorrektur erkennen lassen, enttäuscht mich sehr und kann ich nur noch als Versuch interpretieren, um jeden Preis ein düsteres Bild der Gemeinschaft aufrechtzuerhalten, um Ihr Gesicht zu wahren. Ich bin sicher, Sie könnten einen Weg finden, das noch zumindest ansatzweise auszugleichen oder zumindest dazu auffordern, sich anhand unterschiedlicher Erfahrungsberichte eine eigene Meinung zu bilden – und fordere Sie nachdrücklich dazu auf, dies zu tun und hier Ihrer Verantwortung für die Menschen, über die Sie berichten, nachzukommen.
Die wichtigsten von vielen Verzerrungen der von ihnen zitierten Ex-Mitglieder und Gäste liegen für mich in einem Bild von Nötigung und Machtmissbrauch, psychischer und physischer Gewaltanwendung. Das alles ist bei Go&Change nicht der Fall, konnte ich bei zahlreichen Besuchen seit 2016 und nahezu zwei Jahren alltäglichen Gemeinschaftslebens seit Mitte 2018 nie beobachten und widerspricht eklatant den Persönlichkeiten der Gründer und den Werten und Zielen der Gemeinschaft.
Kulturarbeit für eine lebenswerte Zukunft
Seit meinem Studium der Wirtschaftsgeographie an der LMU in München arbeite ich im Bereich der nachhaltigeren Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft. Ökologische Investments, Nachhaltigkeitsberichte und ethische Unternehmensberatung waren lange Zeit wichtige Arbeitsfelder für mich, bis mir klar wurde, dass eines noch wesentlicher ist als soziale und ökologische Kennzahlen und Richtlinien: die Frage, wie wir als Menschen in den Organisationen miteinander umgehen, uns organisieren und Entscheidungen treffen. Bewusstsein und Kultur bestimmen, ob wir ökologische, soziale und wirtschaftliche Erwägungen konstruktiv zusammenbringen und eine tragfähige, kreativ-fruchtbare Wirtschaftsweise der Zukunft aufbauen können, die nicht auf zyklischen Krisen basiert und Menschen verbindet, anstatt sie in Konkurrenz voneinander zu trennen.
Der Pionier Dr. Ibrahim Abouleish hat bereits vor 40 Jahren in der Ägyptischen Wüste das Unternehmen und die Gemeinschaft SEKEM gegründet – in den ersten Jahren von lokalen Beduinen angefeindet und bedroht als unislamische Sonnenanbeter und Teufelsboten, heute ein international gefeiertes, preisgekröntes Vorzeigeprojekt für eine nachhaltigere Wirtschaftsweise samt Privatuniversität, Schulen und Kindergärten. Zwei Jahre habe ich dort die Geschäftsführung in ihrer nationalen und internationalen Vernetzungsarbeit unterstützt, andere ägyptische Unternehmen beraten und eine Forschungsabteilung für Nachhaltige Entwicklung aufgebaut und geleitet. Doch die intensivste Erfahrung war es, die Wirren des arabischen Frühlings vor Ort zu erleben – im Propagandakrieg der Medien, mit plündernden Mobs auf den Straßen, und zugleich geborgen in einer Gemeinschaft, die sich durch Visionskraft, harte Arbeit und starken Zusammenhalt autark mit Lebensmitteln versorgen und ihren knapp 2000 MitarbeiterInnen auch in der folgenden Wirtschaftskrise sichere Arbeit bieten konnte. An dem Tag als Mubarak damals zurücktrat, saßen wir gerade mit vielen jungen Menschen zusammen um über ein neues Ägypten nach der Revolution zu sprechen – die Nachricht traf ein, Jubel brach aus und alle sprangen in die Autos zum Midan El-Tahrir. Kurz danach wurde unser Geschäftsführer Helmy Abouleish aufgrund von Anschuldigungen politischer Konkurrenten verhaftet und verschwand auf unbestimmte Zeit in Untersuchungshaft, erst 100 Tage später konnten wir ihn wieder zuhause willkommen heißen. Zentren für nachhaltige Kultur und Bildung wie SEKEM werden angesichts aller Widrigkeiten stets weiter für eine bessere Zukunft arbeiten und in die Gesellschaft wirken. Wie Dr. Ibrahim stets wiederholt hat: wir arbeiten für die Welt unserer Nachkommen in 200 Jahren…
Zurück in Deutschland habe ich entdeckt, dass auch hier viele auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtete Gemeinschaften aufgebaut werden, wo für mich berufliches wie privates Engagement für eine lebenswerte Zukunft zusammenkommen können, und wurde Mitglied der Zukunftswerkstatt Schloss Tempelhof. Ein genossenschaftlich organisiertes Gemeinschaftsdorf auf dem Land in Baden-Württemberg, das zukunftsweisende Forschung in der humus-aufbauenden Landwirtschaft leistet und gleichzeitig mehr als 150 Bewohner und zahlreiche Seminargäste versorgt, eine boomende freie aktive Schule betreibt, Menschen aller beruflichen und weltanschaulichen Hintergründe zusammenbringt und spannende Projekte wie das erste deutsche Earthship umsetzt. Begeisterte Berichterstattung in zahllosen Medien, und dennoch auch hier Misstrauen aus mancher Verwandtschaft, eine Freundin enterbt, weil sie in ‚einer Sekte lebt‘. Schloss Tempelhof inspiriert durch das Seminarhaus, hunderte jährlicher Gäste und die breite Medienpräsenz zahlreiche Menschen für ein Zusammenleben jenseits städtischer Anonymität, das auf mehr Vertrauen und Kooperation basiert und dazu ermutigt, sich mit seinen Impulsen und Initiativen zu verwirklichen. Ich habe dort in vier Jahren Gemeinschaftsleben viel gelernt, auch für meinen beruflichen Werdegang als Organisationsberaterin und Moderatorin: Wie organisieren sich Menschen ohne zentrale Leitungspositionen, in dynamischen Prozessen kollektiver Intelligenz und im ausdauernden gemeinsamen Ringen um die für alle stimmige Gestaltung des Zusammenlebens im Dorf? In den Gründerjahren gab es auch hier nächtelange Sitzungen, um gemeinsam die Grundlagen der Struktur und Kultur der Gemeinschaft zu erarbeiten. Heute erlebt man dort beeindruckend klar strukturierte gemeinschaftliche Entscheidungsprozesse, die auch bei sensiblen Themen alle Interessen an einen Tisch bringen und oft unerwartete Lösungswege ermöglichen.
Bei Go&Change liegt der Fokus noch deutlicher auf der inneren Arbeit als Grundlage für äußeren Frieden, liebevolle Beziehungen und konstruktive Zusammenarbeit. Seit Jahren schon beobachte ich eine immer deutlichere Spaltung in unserer Gesellschaft, Wählerschaften und Meinungsblasen haben sich so weit voneinander entfernt, dass inzwischen jede Gruppierung sogar ihre eigenen Fakten verwendet und ohne differenzierte Auseinandersetzung mit einfachen Schlagworten die Gegenseite diskreditiert. Was ist noch richtig und falsch, worauf kann man sich als gemeinsame Realität beziehen, wie sich menschlich begegnen und gemeinsam Zukunft gestalten? Um gemeinsam getragene Entscheidungen zu treffen braucht es heute eine feinere Unterscheidungsfähigkeit in Bezug auf die bewusste und unbewusste Haltung aller Beteiligten und eine stringente, auf klare Werte ausgerichtete geistige Grundlage für die Beurteilung der Konsequenzen unterschiedlicher Lösungsstrategien. Wesentlich ist hier auch die Vielschichtigkeit menschlicher Psyche und dass jeder von uns aus unterschiedlichen inneren Anteilen denkt und handelt, und sich immer weiter aus unfreien inneren Strukturen emanzipieren kann. Go&Change ist das europaweite Zentrum der lebendigen Forschung an genau diesen Fragen und gibt Hoffnung dafür, dass es möglich ist, auf Basis vertrauensvoller Verbundenheit einer Gruppe durch kompetenzorientierte Leitungsstrukturen der Komplexität unserer Zeit gerecht zu werden. Getragen von Menschen unterschiedlichster Hintergründe, die sich aufgrund ihrer Werte und aus Liebe zum Leben entschlossen haben, konsequent ihr eigenes Leben auf den positiven persönlichen und gesellschaftlichen Wandel hin auszurichten – und dafür auf die gewohnte Art von Freizeit, Status, oder materiellem Wohlstand zu verzichten.
Unverständnis und Anfeindungen
Für die meisten Menschen ist es ein unbekannter Lebensstil, so nah als Gemeinschaft zusammenzuleben und sich dabei aus eigenem Antrieb hohen Idealen und klaren Werten zu verpflichten. Angesichts der alltäglichen Gewalt zwischen Menschen überall auf der Welt werden neue Wege oft schnell als naiv oder unrealistisch abgetan, und daher mit Skepsis betrachtet. Das öffnet auch den Raum für Vorurteile und viele schenken negativen Aussagen über alternative Lebensstile schnell Glauben.
Dies nutzen nun Menschen, die aus persönlichen Gründen ein schlechtes Bild über Go&Change zeichnen möchten, ihren eigenen Ängsten mehr glauben als dem, was sie hier real erlebt haben oder im Falle kurzer Besucher einfach zu wenig mitbekommen haben um ihre Vorurteile abzulegen. Ich bin sicher, dass viele der ‚Aussteiger‘, die sich bei ihnen gemeldet haben, sich abgesprochen und nicht unabhängig voneinander den Kontakt ausgerechnet zur selben Zeitung gesucht haben. Ein Wort zur angeblichen Intention der ‚Warnung‘ für Unerfahrene: Würden die Menschen tatsächlich Aufklären und Warnen wollen, und nicht vor allem versuchen zu diskreditieren, würden sie anders vorgehen und viel differenzierter darstellen, was tatsächlich ihre Besorgnis erregt und wo sie vielleicht unsicher sind, was dahintersteckt. Vor allem würden sie den inhaltlichen Dialog dazu suchen, etwa mit Fachleuten für Gruppen- und Einzeltherapie, Sexualtherapie oder Pädagogik, und hier Unklarheiten diskutieren und nicht einen Artikel anstoßen, der einen ganzen Katalog von Klischees über Psychosekten bedient.
Kindererziehung
Ein gutes Beispiel ist das Bild von Kindesvernachlässigung, das gezeichnet werden soll in Formulierungen wie ‚Mütter sollen ihre Kinder nicht umarmen‘. Kein Wort über den Kontext oder in welcher Situation eine Mutter vielleicht den Tipp bekommen hat, ein trotziges Kind das gerade seinen Willen um jeden Preis durchsetzen will, nicht in den Arm zu nehmen, sondern eine pädagogisch sinnvolle Grenze zu setzen. An welchem Punkt man lieber nachgibt, und wo nicht, ist eine tägliche Frage in jeder Familie in der man sich oft schwer einig wird. Eine Diskussion, die bei Go&Change auf Basis pädagogischen Fachwissens mit viel Engagement und meiner Einschätzung nach mit sehr guten Ergebnissen geführt wird, was zu einer großen Einigkeit unter den Erwachsenen führt und den Kindern einen sicheren Rahmen für ihre entspannte Entwicklung bietet.
Die Kinderbetreuung bei Go&Change ist gemeinsam getragen, viele helfen mit und alle Eltern werden individuell gecoacht und bei ihren Fragen und Themen zur Erziehung und liebevollen Beziehung mit ihren Kindern im Alltag intensiv unterstützt. Die Kinder sind glücklich und aufgehoben in der Gruppe von gleichaltrigen Spielgefährten, die wie Geschwister für sie sind. Gerade in Zeiten von Corona muss man sagen: Glück gehabt! Nachts gibt es natürlich immer jemand, der sofort zu den Kindern geht, wenn eines weint, ich weiß nicht welche Babyphone-Panne hier einen anderen Eindruck vermittelt haben könnte. Es ist die höchste Priorität in der Gemeinschaft, den Kindern einen guten, psychologisch außergewöhnlich gesunden Start ins Leben zu ermöglichen. Die schmerzhaften Schicksalsschläge verstorbener Kinder wurden sowohl von uns Erwachsenen als auch von den Kindern durch die intensive gemeinsame Aufarbeitung in der Gemeinschaft besser verarbeitet, als ich mir für solch ein Unglück jemals hätte vorstellen können.
Gruppensitzungen
Den Alltag bei Go&Change prägen tägliche Gruppenzeiten, da die Gruppe wie eine große Familie eben ihren Alltag zusammen verbringt. Bei den Treffen werden unter anderem die Beziehungen in der Gruppe besprochen, Konflikte in der Zusammenarbeit oder wie es den Paaren und Familien geht. Dies ist wichtig für ein harmonisches Miteinander und basiert auf der grundlegenden Absicht aller Beteiligten, ausdauernd und gründlich an der Aufklärung aller Spannungen und der Verbesserung des Umganges miteinander zu arbeiten. Viel Zeit, Energie und Liebe in die Stärkung der individuellen Persönlichkeit, den Aufbau von Vertrauen und die Etablierung eines kompromisslos hohen Standards von liebevollem Miteinander zu investieren – das ist das Ziel der Arbeit und des Gemeinschaftslebens bei Go&Change, auf das sich alle Mitglieder gemeinsam und freiwillig geeinigt haben; auch Gäste werden ausführlich dazu informiert und nach ihrem expliziten Einverständnis dazu gefragt.
Lange Gruppensitzungen und intensives dranbleiben an einem Thema habe ich immer als Wertschätzung für die beteiligten Personen erlebt und harte Arbeit, um uns gegenseitig in unseren Freundschaften, Beziehungen und der Arbeit an den jeweiligen Lebensthemen zu unterstützen. Oft geht es auch um kollektive Themen in der Gruppe, die gemeinsam besprochen und bearbeitet werden. Die meisten dieser Nächte haben mir mehr Kraft gegeben als gekostet, und immer bringt es eine geklärte Situation oder neue Erkenntnisse mit sich.
Seit meinem ersten Wochenendbesuch in Halle 2016 begleitete mich ein grundlegendes Vertrauen und freundschaftliche Verbundenheit mit den Menschen, ich kam häufig zu Besuch bis zu meinem Einzug in die Gemeinschaft gut zwei Jahre später im Herbst 2018. In vielen langen Abenden und intensiven Runden haben wir uns seitdem gegenseitig dieses Geschenk der ungeteilten Aufmerksamkeit gemacht, gemeinsam komplizierte soziale Zusammenhänge und Missverständnisse aufgedröselt, uns durch Freude und Erleichterung, alte Trauer und akute Probleme begleitet.
Über Wochen, Monate und Jahre konnte ich bei mir und anderen immer wieder nur eines beobachten: mehr Öffnung, mehr Verbundenheit, und kraftvollere Entfaltung jeder einzelnen Persönlichkeit in der Gemeinschaft und unter den regelmäßigen Gästen, egal welch scheinbar peinliche oder unschöne Themen auf dem Weg dahin zur Sprache kamen. Auch bei einzelnen Besuchen konnten viele Menschen die ich erlebt habe bereits wertvolle Erkenntnisse über sich selbst oder z.B. ihr Beziehungsleben mitnehmen. Jeder Prozess, bei dem ich selbst im Mittelpunkt der Spiegel und Feedbacks stand hat mich weitergebracht und manchmal erleichtert, weil Situationen geklärt werden konnten; manchmal auch konfrontiert, weil ich Seiten von mir kennengelernt habe, die ich gerne ändern möchte. Das gemeinsame Wahrnehmen war jedes Mal bereits ein großer erster Schritt für diese Veränderung und immer wieder zu erfahren, dass ich mit all meinen Seiten als Mensch geliebt und respektiert werde, ist die wichtigste Unterstützung dabei.
Organisationstruktur
Ich kenne kaum eine Gruppe oder Gemeinschaft, wo so begeistert und entschlossen an gemeinsamen Projekten gearbeitet wird, so wenig Konkurrenz oder Unzufriedenheit herrscht und vereinte Kräfte eine so rasche Umsetzung von gemeinsamen Vorhaben tragen. Konflikte gibt es kaum, da Spannungen in der Gruppe bereits lange vor dem Ausbrechen eines wirklichen Streites erkannt und bearbeitet werden.
Dies liegt auch an der Organisationsstruktur der Gemeinschaft, die mich als Beraterin für Organisationsentwicklung besonders fasziniert: In jedem Bereich liegt die Führung bei den dafür kompetentesten Gemeinschaftsmitgliedern, und sobald sich Kompetenzen sichtbar verschieben, wird die Struktur entsprechend angepasst. Gleichzeitig wird die Entwicklung aller Mitglieder individuell gefördert um möglichst viele Menschen in allen Bereichen weiterzubilden und ebenfalls in Verantwortungspositionen zu bringen. Dies führt zu großem Vertrauen in diejenigen, die Verantwortung tragen, und auch spontane oder unerwartete Entscheidungen werden zunächst von allen mitgetragen und wo nötig im Nachhinein detailliert besprochen.
„K.K. hat sich mit der Zeit zum Guru aufgeschwungen“* „es wird psychischer Druck aufgebaut“*
Nachdem unter den Gründern K.K. und Felix Krolle bei weitem die höchste Kompetenz für Gruppendynamik und Methoden der Persönlichkeitsentwicklung innehatten und sich noch 2016 nahezu als einzige als ständige Moderatoren, Schlichter und Begleiter um das soziale Miteinander, Konflikte, Beziehungsklärungen, Unterstützung der Gäste mit ihren Inneren Anliegen etc. gekümmert haben, damit es allen gut miteinander geht, waren nur drei Jahre später bereits ein Dutzend weitere Menschen auf hohem Niveau dazu in der Lage und etwa ein Viertel der Gemeinschaft mit diesen Aufgaben betraut. Sie tragen auch die gemeinsame Verantwortung dafür, das Tagesprogramm der Gemeinschaft zu gestalten. K.K. hat sich hier immer weiter zurückgezogen, um die Gruppe zu unterstützen, auch wirklich die Verantwortung auf ihre Art und Weise zu übernehmen und das Gemeinschaftsleben selbst weiter zu entwickeln. Eigentlich auch um sich selbst etwas Pause zu gönnen nach der anstrengenden Aufbauzeit der letzten Jahre – gleichzeitig ist er jedoch weiterhin stets zur Stelle, wenn die Gruppe Unterstützung oder Orientierung braucht und bringt immer wieder neue, kreative Impulse ein. Eine Guru-artige Rolle lehnt die Gemeinschaft strikt ab und fordert von allen Selbstverantwortung und eine klare eigene Meinung bei jeder persönlichen Entscheidung.
‚K.K. bestimmt wer degradiert wird‘*
Verantwortungspositionen wie Bereichsleitungen werden durch das Klosterleitungsteam ausschließlich nach sichtbarer Kompetenz vergeben, und konsequente Transparenz verhindert einen Missbrauch von Machtpositionen effektiv. Wenn im Raum steht, dass jemand eine verantwortliche Position bewusst oder unbewusst ausnutzt oder verantwortungslos handelt, wird dies ausführlich in der Gruppe besprochen und aufgeklärt, und ggf. die Position sofort an jemand anders vergeben und derjenige dabei unterstützt, sich weiterzuentwickeln, so dass er die Verantwortung wiederaufnehmen kann, wenn er oder sie soweit ist. Auch wenn jemand sich übernimmt und zu viel arbeitet, wird die Person darin unterstützt kürzer zu treten.
Vernetzung und Wirtschaftlichkeit
Go&Change ist mit anderen Gemeinschaften und konstruktiv ausgerichteten Projekten in Deutschland und international vernetzt. Als einzige Gemeinschaft, die ich kenne, senden sie häufig ganze Teams von Prozessbegleitern, Handwerkern und oder sonst passend qualifizierten Helfern für mehrtägige Einsätze an befreundete Projekte ohne Gegenleistungen oder Bezahlung zu verlangen. Auch im wirtschaftlichen Bereich gehen sie neue Wege einer ernstgemeinten Schenkkultur und gehen in ihrer Finanzierung keinerlei Kompromisse ihrer Werte für irgendwelche finanziellen Vorteile ein. Mehrere Jahre lang wurde die Gemeinschaft hauptsächlich von freiwilligen Spenden ihrer Gäste getragen, während für Veranstaltungen nur ein geringer Beitrag für Kost & Logis erhoben wurde um allen die Teilnahme zu ermöglichen. Inzwischen arbeiten immer mehr Menschen dort in sozial oder ökologisch ausgerichteten Berufen oder Projekten wie ambulante Pflege oder Strohballenhausbau mit, um auch die interne Finanzierung zu verstärken.
Gemeinschaftsleben und Zusammenarbeit
Abgesehen von aller intensiven Arbeit in Treffen und Gesprächsrunden ist die Lebensqualität bei Go&Change unvergleichbar hoch. Gemeinsam zu feiern, locker zusammenzusitzen, im Park zu grillen oder mit den Kindern gemütliche Zeit im Garten zu verbringen nehmen viel Raum ein und sind Ausdruck der erarbeiteten Gemeinschaftskultur. Auch die gemeinsame Arbeit im Klosterhaushalt, Garten, in Kultur- oder Arbeitsprojekten zeigt wie gut die Zusammenarbeit auf Basis der gründlichen sozialen ‚Aufräumarbeit‘ funktioniert und bietet Entwicklungsräume für alle Talente.
Magdalena Kloibhofer, 37, Internationale Unternehmensberaterin
*Zitate aus Ihrem Artikel in der Mainpost vom 22.05.